Igor Kornew. Was das kleine Froeschlein den Schriftsteller lehrte

Eigentlich war der Schriftsteller Schreibe — Was immer ein Langschlaefer gewesen. Manche Schriftsteller sind eben Langschlaefer, denn nachts schauen sie zum Himmel hinauf und denken sich ihre Geschichten aus. Erst im Morgengrauen schlafen sie ein. Es kann sein, dass ihnen im Traum wieder eine oder gleich mehrere neue Geschichten einfallen. Dann setzen sie sich nachts wieder an den Schreibtisch und schreiben diese Geschichten auf, um sie spaeter den Kindern oder auch den Erwachsenen zu erzaehlen. Doch heute konnte Herr Schreibe — Was nicht schlafen. Er waelzte sich unruhig von einer Seite auf die andere, und etwas quaelte ihn, ihm fehlte etwas, aber was? Das konnte er nicht verstehen. Erst als er aufgeregt aufstand und in seinem Buecherregale, wo zwischen seinen und fremden Buechern verschiedene kleine und grosse Stofftiere standen und sassen. Da war zum Beispiel das kleine niedliche Schweinchen aus Plastik, das der Schriftsteller im Jahre des Schweines als Neujahrsgeschenk bekommen hatte. Das Scweinchen hatte gute winzig kleine Aeuglein, die es sich jetzt unzufrieden rieb, weil es nicht verstehen konnte, was den Schriftsteller doch dazu gebracht haben moechte, spaet in der Nacht noch das Licht anzumachen. Oder der blaue Vogel, der auf einem kleinen Stueck Einwickelpapier der hiesigen Konfekt — Fabrik gezeichnet war. Dieses Stueck Papier war so klein, dass der Schriftsteller es auf ein festeres Stueck Karton kleben musste, um den Vogel besser sehen zu koennen. Der Vogel schien durch das Licht im Schlafzimmer des Schriftstellers wenig gestoert, denn das Licht der feuerroten Sonne auf dem Einwickelpapier, dem er entgegenstrebte, war viel staerker. Ganz in der Ecke des unteren Buecherregals stand ein kleines Gummipferdchen aus China, auf dessen Ruecken eine Maus mit schwarzen Ohren Sass. Das Pferdchen hatte an seinem Huf eine Pfeife und konnte etwas «erzaehlen», wenn man darauf drueckte. Herr Schreibe — Was wusste nicht mehr, wie das Pferdchen in sein Haus gekommen war, aber er mochte es sehr und stellte sich das Pferdchen als Pegasus vor, auf dem er zusammen mit seinen Freunden auf den Berg Parnass zu den schoenen Musen fliegen koennte. Doch heute hatte der Schriftsteller keine Lust, sich mit seinen Stofftieren zu unterhalten. Denn seine Lieblinge — zwei kleine Hasen waren verschwunden. Er koennte weinen, wenn er an die beiden Hasen dachte. Er hatte sie auf einer Muellkippe gefunden. Dem einen Hasen, der aus einem weichen Stoff genaeht war, fehlte ein Auge, dafuer hatte er aber lange rosa — rote Ohren und konnte sehr lustig «lachen», wenn man ihn bei diesen packte und vorsichtig hin und her schwenkte. Schon oft glaubte Herr Schreibe — Was aus diesem «Lachen» so manch eine Geschichte herausgehoert zu haben, und war dem Hasen dafuer sehr dankbar. Der andere Hase hatte nichts besonders an sich, nur seine gruen — schwarzen Augen. Diese Augen, so schien es jedenfalls dem Schriftsteller, schauten immer traurig drein, als wollte der kleine von allen vergessene Plastik — Hase um etwas bitten. Er tat Sreibe — Was sehr leid, und der Schriftsteller kam auf den Gedanken, ihm eine lange rote Mohrruebe zu schenken. Der Hase war sehr gluecklich. Denn: diese Ruebe war eine Wunderruebe. Jedes Mal, wenn der Hase ein kleines Stueck Davon gegessen hatte, fing er an, wie ein Mensch zu sprechen. So konnte der Schriftsteller erfahren, was die beiden Hasen erlebten, bevor sie auf der Muellkippe landeten. Ihre Geschichten gefielen ihm, nur war er zu faul, sie aufzuschreiben. Und nun waren die Hasen weg. Und der Schriftsteller war sehr traurig. Jetzt sass er in seinem Sessel und hatte zu nichts mehr Lust. Er wollte weder zur Sonne zusammen mit dem blauen Vogel fliegen noch den Wunderberg Parnass mit seinem schnellen Pegasus besteigen, um sich von den schoenen Musen inspirieren zu lassen. Ohne seine Freunde wollte er gar nichts mehr unternehmen. «Wo waren die Hasen nur?» dachte der Schriftsteller zerstreut. Ploetzlich musste er an seine Gruskarten — Sammlung denken. Vielleicht wollten die Hasen mit ihm einfach Vesteck spielen? Vielleicht hatten sie sich auf den Grusskarten zwischen vielen anderen Figuren versteckt? Schoss ihm durch den Kopf. Die Pfeife im Mund, verliess er den Sessel und nahm eine grosse bunt bemalte Keks — Schachtel vom Fensterbrett, in der er seine ganze Grusskarten — Sammlung aufbewahrte. Dann setzte er sich an seinen Schreibtisch, breitete alle Karten vor sich aus und sah sich jede einzelnen genau an. Auf der ersten Karte sah er eine grosse schlanke Snegurotschka (Schneewittchen), die mit vielen weissen Schneeflocken einen Reigen tanzte. Herr Sreibe — Was strengte die Augen an. Aber die Flocken fielen so dicht nieder, dass er dahinter kaum etwas erkennen konnte. Nun fiel sein Blick auf eine andere Grusskarte. Sie zeigte Vaettechen Frost, der an einer Schreibmaschine sass und fleissig auf die Tasten drueckte. «Diese Vaetterchen koennen manchmal Wuensche erfuellen», kam dem ungluecklichen Schriftsteller in den Sinn, waehrend er hoffnungsvoll auf das Blatt starrte, das in die Schreibmaschine eingespannt war. Was wollte der Alte eigentlich darauf schreiben? «Vielleicht — endlich — ein Lebenszeichen von seinen Freunden — den Hasen?» Er fing an, dem Alten auf der Karte mit den Augen zu zwinkern, in der Hoffnung, die Grusskarte lebendig zu machen. Er schnalzte mit der Zunge dazu — nichts half… Die Schriftsteller muessen manchmal zaubern koennen. Das wusste Herr Schreibe — Was ganz genau. Nur konnte er heute nicht zaubern, weil er alle Zaubersprueche vergessen hatte. Wer koennte ihm nur helfen? Das wusste er nicht und war der Verzweiflung nahe. Die naechsten Karte war ganz von der Sonne ueberflutet. Die Sonne war rund und gelb. Es war als schreite sie ueber eine grosse Wiese, die voellig mit rotten, gelben und gruenen Blumen bedeckt war. Einen Augenblick lang glaubte Schreibe — Was in dieser Farbenpracht lange Hasenohren zu entdecken, aber er taeuschte sich. Da war nur die Sonne, die auf ihren Strahlen — Beinen auf der Blumenwiese ausschritt, und ihn freundlich anlaechelte. «Ich bin ein armer ungluecklicher Kerl», dachte er, «und niemand kann mir mehr helfen.» Jetzt fing er verzweifelt zu winen an. Seine Traenen waren gross, rund und heiss. Einige Traenen fielen in seine Pfeife hinein und loeschten sie. Und eine besonders heisse Traene haette die kokette Snegurotschka und Vaetterchen Frost mit seiner Schreibmaschine auf der Stelle weggeschmolzen, haette Schreibe — Was seine Grusskarten nicht rechtzeitig gesammelt und in die Kekse — Schachtel zurueckgelegt. Dann verliess er seinen Platz am Schreibtisch und schaute zum Fenster hinaus. Es war schon kurz nach Mitternacht. Der Kukuck in der Uhr, die ueber seinem Schreibtisch hing, zaehlte gerade eine Uhr nachts, und der Himmel war dicht mit Sternen bedeckt. «Meine Freunde sind mit ihren Pegasen unterwegs. Sie fliegen zum Berg Parnass und lassen sich da oben von den schoen Musen inspirieren», seufzte der Schriftsteller, «und schreiben Geschichten».

«Nur ich kann heute nicht schreiben, denn meine Freunde haben mich verlassen. Ich bin so allein, ich muss meine Freunde…» Diesen Satz konnte er nicht zu Ende sprechen, denn ploetzlich hoerte er eine Stimme, die ihn jaeh aus seinen Gedanken riss. «Du bist selbst schuld daran, dass deine Freunde dich verlassen haben», belehrte ihn die Stimme, und alles um ihn herum — der Kukuck in der Uhr, das Heimchen, das friedlich unter dem Bett des Schriftstellers hauste und sogar die Waende seines Hauses schoenen diesen Satz zu widerholen:» Selbst schuld daran, selbst schuld daran…» «Wer bist du denn?» fragte Schreibe- Was erschrocken zurueck, «und woran soll ich denn schuld sein?» «Schaue dich in deinem Zimmer um, geh auf deine Buecherregale zu», antwortete die Stimme darauf, «da kannst du mich finden.» Eine Weile stand der Schriftsteller voellig verdutzt da. Wemkonnte diese Stimme, die in der Dunkelheit so geheimnisvoll zu ihm sprach, ueberhaupt gehoeren? «Wer bist du, Fremder?» rief der Schriftsteller Ungeduldig aus, «Warum willst du dich nicht zeigen?» «Komm und hilf mir», erwiderte die Stimme darauf. «Ich kann hier nichts sehen.» Waehrend er vom Fenster abtrat und in seinem Zimmer das Licht anmachte, pochte sein Herz maechtig, aber vor sich sah er nur seine beiden grossen Buecherregale, die voll mit Buechern gefuellt waren. Als er den leeren Platz sah, wo einst seine Stoffhasen gestanden hatten, kehrten taurigen Gedanken wieder zurueck. Herr Schreibe –Was wurde boese und wollte gerade zu Bett gehen, aber dieselbe Stimme, die jetzt klaeglich — bittend klang, hielt ihn zurueck: «Hilf mir bitte, es ist dunkel hier. Ich habe Angst. Wenn du mir hilfst, dann kann ich auch dir

helfen, denn ich weiss, wo deine Freunde sind. Hilf mir bitte, sonst wirst du sie nie wiederfinden». Als der Schriftsteller dies hoerte, begann er im Zimmer auf und ab zu laufen. Er wollte doch endlich wissen, woher die Stimme kam. Er suchte auf dem Schrank und unter seinem Bett, er suchte alle Taschen seiner Jacke ab und schaute sogar zur Kuckuck — Uhr hinauf — alles erfolglos. In der Stille der Nacht hoerte er das monotone Lied des Heimchens unter seinem Bett, und der neugierige Mond sah unaufhoerlich in sein Zimmer hinein. «Komm und hilf mir», liess sich die Stimme wieder vernehmen. «Hoer endlich auf, in den Wolken zu schweben. Ich bin doch hier in deinem Zimmer, komm nur…» Aber das hoerte Herr Schreibe — Was nicht mehr. Er rannte zu seinen Buecherregalen zurueck und begann die Buecher eines nach dem anderen herauszunehmen. «Aua, passen sie bitte auf», hoerte er wieder die duenne Stimme als er nach dem grossen schwarzen Lexikon in der Ecke des unteren Buecherregals grief. Und erst jetzt erkannte er es: das kleine gruene Froeschlein aus dem Ueberraschungsei. Dieses Ei hatte er letzte Woche in einem Kiosk in der Naehe gekauft und es auf dem Heimweg sofort gegessen, weil er eben ein suesses Leckermaul war. Das kleine gruene Froeschlein wollte er zuerst wegwerfen — so klein und unansehlich war es — hatte dann aber Mitleid mit ihm und beschloss, es zu behalten. Nun sass das Froschlein vor ihm, sah ihn mit seinen winzigen Aeuglein an und war froh, endlich aus der Dunkelheit des Buecherregals herauszukommen. Es hatte eine weisse, rot getuepfte Schuerze an, die viele kleine Taschen besass. Eine Weile starrte der Schriftsteller das Froeschlein misstrauisch an, es dauerte einige Zeit, bis er sich wieder gefunden hatte. «Wie kannst du mir denn helfen?», fragte er immer noch verstaendnislos. «du bist doch selbst so klein.» «Ich weiss aber, wo deine Freunde sind», antwortete das Froeschlein tapfer. «Und woran soll ich denn Schuld sein?», fragte der Schriftsteller neugierig und sah das Ffroeschlein hoffnungsvoll an. «Du hast immer nur ueber deinen Grusskarten gesessen», belehrte ihn das Froeschlein. «Und deine Stofftiere interessierten dich nicht mehr.

Den Hasen wurde es langweilig. Deshalb hat sie die schwarzen Katze auf ihre Insel mitgenommen. Jetzt leben sie dort, spielen mit der Katze und sind gluecklich.» Herr Schreibe — Was glaubte, seinen Ohren nicht zu trauen. «Und wie kann ich meine Freunde zurueckbringen?», fragte er, und sein Herz pochte dabei so laut, dass er fuerchtete, das kleine Froeschlein zu erschrecken. «Jetzt wird es mir wieder weglaufen», dachte er. «Und meine Freunde bleiben fuer immer auf der Insel, o Je…» Das Froeschlein erschrak aber nicht. «Die Insel Ist nicht weit von hier», sagte sie. «Wir koennen uns gleich Dorthin begeben.»

«Und warum sind wir immer noch hier?» Die Geduld des Schriftstellers war am Ende. «Ich habe noch nicht alles gesagt», erwiderte das Froeschlein schmunzelnd.

«Auf dieser Insel kann nur der Glueck haben, der fuer alles, was ihn umgibt, seine Augen und Ohren offen haelt. Nur dann kann er sein Ziel erreichen.» Herr Schreibe — Was hoerte dem Froesclein zu und fuehlte sich von einem maechtigen Reisefieber gepackt. Jetzt schien er zu begreifen, worauf dieses gute kleine Froeschlein anspielte. Nun forderte es ihn freundlich auf, die Augen fuer einen Augenblick zuschliessen, was er auch nur zu gerne tat. Aus einer Tasche seiner rot getuepften Schuerze holte das Froeschlein eine kleine Floete heraus und setzte sie an die Lippen. Es erklang eine schoene Melodie, die den Schriftsteller erhob und direct zu der wunderschoenen Insel trug. Die Insel war sehr klein — nicht grosser als die Kueche im Haus des Schriftstellers. Das fiel Herrn Schreibe- Was sofort auf, als er, getragen von der zaertlichen Floeten –Melodie auf der Insel gelandet war. Jetzt sass er auf einem Felsen am Fluss der Inspiration. Der Felsen fuehlte sich an wie ein Stuhl in seiner Kueche. Ungewoehnlich waren nur die vielen Geraeusche, die um ihn herum kreisten und sein ganzes Wesen auszufuellen schoenen. Zuerst konnte Schreibe — Was in diesem Stimmen — und Geraeuschen — Gewirr gar nichts unterscheiden bis ihm ploetzlich bewusst wurde, das alles ringsum seinen Namen ausrief:» Komm, Herr Schreibe — Was, mach dich an die Arbeit und schreibe was.» Der unglueckliche Schriftsteller sprang hastig vom Felsen auf, rannte auf der Insel hin und her, grief nach allem, was an ihm vorbeiflog oder schwann mit den Haenden, konnte aber nicht erwischen und liess sich endlich erschoepft wieder auf den Felsen nieder, um sich die Ohren zuzuhalten, weil die Geraeusche um ihn herum ihn zu betaeuben drohten. Ploetzlich sah Herr Schreibe — Was in der Ferne eine Dampf — Wolke. Diese schien aus einem Schornstein zu stiegen. Die Vermutung von Schreibe — Was bestaetigte sich als die Wolke nach einer Weile grosser wurde, und er einen schoenen blau —weissen Kutter sah. Auch von seiner Decke her drangen viele Geraeusche und Stimmen zu dem Schriftsteller hinueber. Herr Schreibe — Was wollte gerade wieder vom Felsen aufspringen, um diesem Hoellenlaerm entgehen zu koennen, als ploetzlich ein helles Lachen seine Ohren erreichte, das er auch im lautesten Laerm haette unterscheiden koennen. Denn: der Lachende war kein anderer, als sein Hase mit den rosa — weissen Ohren. Als Schreibe — Was die Augen anstrengte, konnte er auch die schwarze Katze erkennen, die den Hasen fest bei den Ohren hielt. Der Kutter glitt majestaetisch ueber die Wellen des Inspirations — Flusses, und das Lachen des Hasen liess sein Wasser silberlich schillern. Auch sein anderer Hase, der mit den traurigen Augen, sass auf der Decke des Kutters. Er plauderte ohne Unterlass und biss immer wieder in seine lange rote Morruebe hinein. Ach Schreibe — Was, Schreibe — Was… Ploetzlich blitzte es. Der Schriftsteller erschrak und versuchte, sein Gesicht mit den Haenden zu schuetzen. Er sah noch, wie die riesigen Wellen des Fluses den Kutter hin und her schleuderten bis er endlich gekenntert war. Vor den Augen des Schriftstellers begann sich auf einmal alles zu drehen. Es blitzte und krachte noch einmal heftig, dann verstummte alles so unerwartet, wie es auch gekommen war.

«Hasen, meine armen Hasen», rief Schreibe — Was mit zitternder Stimme aus und erwachte. Er sah sich am Tisch in seiner Kueche setzen. Vor ihm lag ein leeres Blatt Papier. Verschlafen sah sich Herr Schreibe — Was in der Kueche um.

Auf dem Gasherd kochte schon das Kaffe –wasser. Aus der Tulle der Kanne stiegen heisse weisse Dampfwolken zur Decke hinauf. Da fiel ihm der wiss — blaue Kutter ein und er dachte veraergert: «Auch diese Nacht habe ich verschlafen und nichts geschrieben, O Je, was wird denn mein Redakteur dazu sagen?» Seine schwarze Katze Maschka tollte sich in der Kueche herum und spielte mit seinen Hasen. Sie packte den Hasen mit den rosa –weissen Ohren mit den Zaehnen. Der Hase schaukelte in ihrem Maul und «lachte.» «Aha, es ist also ein schoener Traum gewesen», dachte der Schriftsteller, «diesen kann ich aufschreiben und an die Redaktion schicken.» Er wollte gerade nach dem leeren Blatt Papier greifen, das vor ihm auf dem Kuechentisch lag, als jemand zaertlich seine Schulter beruehrte. Es war die Mutter des Schriftstellers, die ihm heisses Kaffewasser aufgiessen wollte. «Bitte, iss und trink etwas», sagte sie zu ihm. «Musst du heute noch viel schreiben?» «Ja, ich schreibe was», antwortete er, gluecklich strahlend.

Kaum hatte er einen kleinen Schluck aus seiner Tasse getrunken, da laeutete im Wohnzimmer schon das Telefon. Die Kaffeetasse in der Hand, rannte er hin und Nahm den Hoerer ab. Sein Chef, Herr Redakter Irgend — Was war am Aparat.

«Guten Morgen, mein Herr», gruesste er. Die Stimme des Chefs klang veraergert, das spuerte Schreibe — Was sofort. «Die Leser warten auf ihre neuen Geschichten. Haben Sie heute etwas geschrieben?» «Nein, noch nicht», antwortete Schrebe — Was etwas unsicher, «aber ich schreibe was!» fuegte er ueberzeugt hinzu. Mit diesen Worten legte er den Hoerer auf, ohne zu gruessen. Dan ging Der Schriftsteller in die Kueche zurueck, trank Ruhig seinen Kaffe aus und nahm Der immer noch spielenden Katze die beiden Hasen weg. Bevor er sie aber auf ihren Platz in seinem Buecherregal zurueckbrachte, betrachtete er sie eine Weile vertraeumt und nahm den einen Hasen bei den Ohren, und schwenkte ihn leicht hin und her, um sein Lachen noch einmal hoeren zu koennen. Der Schriftsteller war gluecklich, seine Freunde wiedergefunden zu haben. Dann sass er sehr lange schweigend an seinem alten Schreibtisch, ein leeres Blatt vor den Augen, und konnte nicht zu Papier bringen. Unwillkuerlich fiel sein Blick aber auf das Buecherregal, wo neben den beiden gluecklich lachenden Hasen, dem kleinen Schweinchen aus Plastik und dem blauen Vogel das kleine gruene Froeschlein In seiner rot getuepften Schuerze sass. Und er erinnerte sich gleich an seinen Rat: «Du brauchst nur die Augen zu schliesen und schon bist du da…» Nachdem Schreibe — Was dies getan hatte, hoerte er wieder die schoene Melodie, die ihm jetzt so vertraut war. Und schon bald entstand auch schon die erste Zeile: «In weiter Ferne gibt es eine schoene Insel, auf der eine lustige schwarze Katze lebt…» Und waehrend er schrieb, fuehlte er wie jemand mit den leichten Schwingen seine Schulterberuehrte. Einen Augenblick sah er von seinem Schreibtisch auf und sah die schoene Muse Euterpe, die mit ihrer Floete ueber seinem Kopf schwebte und ihn anlaechelte.

9) Das faule Eimerchen.

Der Hahn kraehte und kundigte den neuen Morgen an. Die Sonne ging auf und lobte den Hahn. «Ich danke dir», sagte die Sonne, «du Verstehst es, deine Arbeit Gut zu machen. Das Lob der Sonne gefiel dem Hahn so sehr, dass er noch einige Male hintereinander gekraeht hatte. Nun wachte auch der Wind auf. Er bemerkte seine Freundin, die Hummel, die mit ihrem Brummen den Morgen begruesste, und schlug ihr vor:» Na Hummel, was sagst du dazu, wenn wir auch heute mal um die Wette fliegen?» «Tut mir leid», brummte die Hummel zur Antwort, «ich habe noch viel Arbeit — ich muss heute noch viele Blumen bestaeuben, sonst koennen sie nicht gut wachsen. Erst die Arbeit dann das Spiel».

Der Wind pfiff nur veschaemt. Die Worte der Hummel erinnerten ihn daran, dass auch er an diesem Morgen etwas zu tun hatte. Der Wind sollte naemlich die Vogelscheuche in Bewegung setzen, um die frechen Spatzen zu verjagen, welche Beeren aus dem Garten stahlen. So ging jeder seiner Arbeit nach. Nur das kleine weisse Eimerchen aus Plastik hing einsam am Gartezaun und schien von allen vegessen zu sein. Es schaute zu, wie alle anderen im Garten arbeiteten und weinte bitterlich:» Niemand braucht mich. Ich will aber auch meine Arbeit tun und nuetzlich sein. Alle anderen aber, die das Eimerchen sahen, lachten nur. «Was soll aus dem Bengel nur werden?» seufzte die Sonne, es taugt zu nichts und haengt nur am Gartenzaun rum.» Auch die Hummel, wenn sie eine Pause in ihrer Arbeit machte, liess sich auf das Eimerchen nieder, kitzelte es und versuchte, ihm ins Gewissen zu redden — nichts half. Das Eimerchen blieb stumm. Am boesestem lachte aber die Vogelscheuche ueber das Eimerchen. Sie hat es noch kein eiziges Mal gesehen gesehen und hoerte nur, was die anderen ueber ihn sagten. «Leute», hoehnte die Vogelscheuche, «so was Faules habe ich noch nie erlebt. Ich bin doch nur ein Stock, kann aber viel besser arbeiten, als dieses bloede Stueck Plastik, das hier am Gartenzaun rum haengt. Wir brauchen es nicht, wir muessem es verjagen, raus mit ihm!» Das kleine Eimerchen war der Verzweiflung nahe. Es schaemte sich in Grund und Boden. «Sei nicht traurig», sagte eines Abends die alte Spinne zum Eimerchen, «du bist noch nicht lange in diesem Hof. Ich aber sitze schon viele Jahre hier am Ueberhang ueber dem Hauseingang und spinne mein Gewebe. Glaube mir, Kleiner, eines Tages wird sich auch fuer dich eine Beschaeftigung finden.» Zuerst wollte das Eimerchen der alten Spinne nicht glauben, denn die Sticheleien der Nachbar taten ihm weh. Jedoch entstand eine Hoffnung in ihm, die immer grosser wurde. Und eines Tages geschah es so, wie es die alte Spinne prophezeit hatte. In aller Fruehe ging die Haustuer ploetzlich auf.

Eine Oma mit ihrer Enkelin gingen auf den Hof hinaus. «Ich habe heute viel Arbeit im Garten», sagte die Oma, «ich muss Kirschen, Stachelbeeren und Gurken pfluecken.» «Darf ich dir dabei helfen?» fragte die Enkelin Ungeduldig.

Sie mochte ihre Oma sehr und wollte schon immer im Garten mitarbeiten. «Natuerlich», antwortete die Oma. «Bitte, nimm das kleine weisse Eimerchen und komm mit in den Garten.» Im Garten herrschte schon reges Leben. Die Hummel brummte geschaeftig ueber ihren Blumen, die Vogelscheuche schreckte fleissig die laestigen Spatzen zurueck,damit sie keine Beeren von den Baeumen stehlen konnten. «Seht mal, seht», rief ploetzlich die Sonne, «da kommt noch jemand zu uns.» Sie bemerkten die Oma mit ihrer Enkelin. Das kleine Maedchen trug das weisse Eimerchen in der Hand. Das Eimerchen laechelte und traeumte Davon , bald mit vielen Beeren gefuellt zu werden. Die Enkelin begann sofort, die Kirschen zu pfluecken und diese in das Eimerchen zu legen. Die saftigen Beeren kitzelten angenehm den Boden des Eimerchens und machten es gluecklich . Es freute sich, dass es jetzt im Garten auch mithelfen konnte. «Das Eimerchen ist heute das fleissigste unter uns», sagte die Sonne als sie merkte, dass sich das Eimerchen mit den rotten Kirschen gefuellt hatte. «Verzeeih es mir», rief die Vogelscheuche dem Eimerchen freundlich zu, «nie mehr werde ich mich ueber dich lustig machen.» «Ich bin dir nicht mehr boese, ich freue mich nur darueber, dass ich den anderen auch helfen kann», erwiderte das Eimerchen. Als die Oma und die Enkelin gegen Abend den Garten verliessen, um das Gemuese, Obst und Beeren nach Hause zu bringen, holte die Hummel sie ein. Sie kreiste ueber die beiden und sah, wie gluecklich das Eimerchen ueber die Arbeit war, die es heute im Garten mitgemacht hatte.

 

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